Tagebuch 1830 bis 1831 - Seite 158
Sonnabend 16 Aprill 1831
Aus Nachlässigkeit und sonstigen Abhaltungen
habe ich seit d einiger Zeit nicht regelmäßig mein
Thun aufsetzen können. Den ganzen Nachmittag
habe ich Geometri und Algebra gemacht und heut Nach.
a Abend gedenke ich noch Algebra und Feldmessen
zu machen. So leicht wie mir diesmal der
Abschied von Hause geworden ist, so leicht ist er mir
nie gewesen. Wo dies herkömt weiß ich selbst nicht, doch
wahrscheinlich wegen der Kürze [der] Zeit; den in Pfingsten
wo nur noch 5 Wochen hin sind reise ich wieder nach
Alt-Ruppin. Als ich in Altruppin war,
besuchte ich mehrere Örter, die ich meistentheils wohl nicht
grade gemieden, doch nicht oft hingegangen bin. So war
ich ein Abend allein nach dem Kirchhof gegangen.
Ich stieg über die Mauer und lehnte mich an das
Grab meines früh verstorben[en], seelig[en] Bruders.
Die Schrift auf der Grabtafel war durch die
Zeit und durch die Witterung verwischt und das trauernde
Gitter war schon morsch und zerbrechlich. Ein
heilig[er] Schauer ergriff mich, als ich die Ruhe=
stätte übersah, wo sei so viele nach aus=
gestande[nen] und überstandenen Leiden von ihren Mühse=
ligkeiten erlößt worden waren. Einzelne
Hügel die durch den Zahn der Zeit beinahe der
Erde gleich waren umgaben mich auf allen Seiten.
Ich strekte mich hin in den Grase und Thrä=
nen tre über die Mensch[en] traten mir
in die Augen. Eben gingen zwei arbeitende
Landleute von der Arbeit kommend an mir