Tagebuch 1830 bis 1831 - Seite 22

 

 

kam mein Lehrer Pape, welcher heute
mit mir zufrieden war, denn er sagte, so sollte
ich immer üben, den wen man nicht übt, so kann
man Jahre lang Stunde haben und
man lernt doch nichts. Heute hätten
wir von 10 – 11 Algebra stunde haben
müssen, aber HE[rr] Steiner ist lahm ge=
worden und deßhalb haben wir bei dem HE[rrn]
Director Phÿsik geha[b]t. Im chemi=
schen Zimmer haben wir von dem Dire[c]tor
den Pictetschen Versuch1 gesehen. Nachmittag
machte ich rein Phÿsik und reine Geographie
Heute war Rauman bei mir, welchem ich meine Phÿ=
sik geliehen habe und er mir sein Chemie. Ich
bin heute um 10 Uhr zu Bette ge=
gangen. Diese Nacht ist Feuer in
Rummelsburg gewesen nicht weit von
Stralau und es ist ein Haus abgebrannt.

    Sonntag den 14 Novembr 1830

Ich stand um 7 ¾ Uhr auf übte mich
Klavier und zeichnete an mein[er] Landkar=
te. Nachher arbeitet ich Phÿsik
Nachmittag ging ich zu Borchman, er war aber
noch nicht von Rathenau zurückgekommen.
Als ich zu Hause kam machte ich Chemie
Heute Abend gegen 5 Uhr kam Adolph
zu un[s] und bat mich im Namen sei[ner] Mutter
doch ein wenig herüber zu komm[en]. Es waren
mehre[re] Polizei-Räthe usw. da. Als wir
Kaffee getrunken hatten, wurden Gesellschafts
spiele gespielt. Darauf wurden Abendbrot gegen 9 ½


1 Pictetscher Versuch. Stellt man zweimetallne Hohlspiegel mit ihren Axen zusammen, bringt in den einen Focus eine glühende Kohle, oder eine heisse Metallkugel, oder siedendes Wasser, in den andern aber die Kugel eines Thermometers und żwischen beide zuvor einen Schirm, so steigt nach Wegnahme des Schirms das Quecksilber im Thermometer selbst bei 80 bis 100 Fuss Entfernung augenblicklich. Dieser Versuch beweist die Ausstrahlung warmer Körper, die ähnliche Reflexion der Wärmestrahlen wie die der Lichtstrahlen, und ihre ausserordentliche Geschwindigkeit. Auch mittelst eines Hohlspiegels lässt sich, wenn man in einiger Entfernung in dessen Axe eine Lichtflamme oder glühende Kohlen bringt, int Focus ein Stückchen Zunder anbrennen. Bringt man in den einen Focus der beiden Hohlspiegel aber ein Stückchen Eis, so fällt das Quecksilber des imandern Focus stehenden Thermometers, und es scheint auf den ersten Augenblick und wurde von frühern Naturforschern geglaubt, dass Kältestrahlen von dem Eise zum Thermometer hingehen, allein es findet hier blos eineumgekehrte Strahlung statt, das wärmere Quecksilber schickt Wärmestrahlen zum Eise und durch das Verschlucktwerden derselben wird das Quecksilber erkaltet. (A. Menge: Physik. Graudenz 1838, S. 469.)