Tagebuch 1830 bis 1831 - Seite 161

 

 


 

Zeit zu denken und dann erscheint sie mir
auch selbst wie ein Augenblik. Das Leben des
Mensch[en] wird bald entfloh[en] sei[n] und all[e] Mensch[en], die
ich jetzt vor mir weg vorüber gehen sehe sind über
100 Jahre nicht mehr und nicht ein einziger betritt
noch die theu[re] und schöne Erde. Aber welche
undenkliche Zeit sind nicht 100 Jahre? Ja auf
unsr[em] jetzig[en] Standpunkte schein[en] sie lang, sehr lang,
aber sind sie vorüber, so ist es nur ein
flüchtiger Augenblik und der Mensch ist gewesen auf
sei[ner] Muttererde.

    Dienstag 19 April

Ich stand um 6 ½ Uhr auf und machte
Geometri und englisch.

Heute Abend war ich in Gluks Armide.
Das Haus war gedrängt voll, weil die Milder
vielleicht zum letztenmale im Operhause
Darstellerin gewesen ist.

Die Ouverture zu Armide hat mir im Ganzen
gut gefallen, besonders ergreifend ist der
Anfang.

Mad. Milder gab die Armide mit
solchem Feuer und solcher klangvollen stimme,
daß man sie schwerlich besser sehen wird.
In der letzten Scene zeigt sie sich sowohl
als Sängerin und auch als Darstellerin.
Vortrefflich singt sie, wo Rinald schlummert
und im Anfange des 3ten Aktes. Mit Rinald
hat sie ein Duett, welches über alle Maaßen
schön ist.

Dlle. Lehmann machte die Phenize und
Dlle. SN. Nina Sonntag die Sidonie.
Beide sangen für ihre Alte lage gut.