Tagebuch 1833 bis 1834 - Seite 167

 

 

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werde befolgen können

Auf vieles Zureden meiner
Bekannten gab ich dense[l]ben nach,
und folgte ihnen ins welt=bekannte
Colosseum v. Krüger.1 Die Geschichte
kostet mir 1 rtl. Der Saal, Zimmer,
Speisesääle, Tunnel etc. . . sind
geschmackvoll und bequem ange=
legt. Es war heute sehr voll.
Die Polonaise tanzte ich nicht
mit, wohl aber Weber, Britzke und
Borchmann. Sie spielten
Die Musici spielten unter andren
auch Gernleins2 Tänze.
Am Donnerstag soll es am
anständigsten sein, wie mag es
dann an Andren Abenden
sein. Ich habe über ein
Mädchen eine lange Betrachtung
gehabt, welches allem


1 Das 1831 vom Gastwirt Carl Tobias Krüger in der Alten Jakobstraße eröffnete Tanzlokal. Obwohl der Eintritt zunächst mit 20 Silbergroschen vergleichsweise hoch war, erfreute sich das Lokal eines enormen Zulaufs. „Wochenlang wurde in Berlin von nichts Anderem gesprochen, als von dem prächtigen Colosseum. Jedermann mußte es gesehen haben. Die feine Welt drängte sich nach dem neuen Vergnügungslokal und in der ersten Zeit war in diesem ausschließlich das vornehmste Publikum der Stadt versammelt. In der That hatte Herr Krüger das Außerordentlichste für jene Zeit geleistet. Prächtig verzierte Säle strahlten im hellsten Lichterglanze. Die Bälle im Colosseum vereinten die vornehmste Gesellschaft, ja für die Königliche Familie war eine mit fürstlicher Pracht ausgestattete Loge eingerichtet und wurde von ihr besucht. Eine Reihe von kleineren Sälen und hübschen Zimmern dienten den einzelnen Familien zur Erholung nach dem Tanze. Unter dem Lokal befand sich auch ein Tunnel, wo geraucht werden durfte und wo daher die älteren Herren gern ein Glas Bier tranken, während ihre Töchter oben tanzten. Im Jahr 1835 wurde das Lokal noch durch einen neuen großen Saal, der Orangeriesaal genannt, vergrößert.“ Da nur Männer Eintritt zahlten, Frauen freien Eintritt hatten, verkam das Colosseum rasch zu einem Ort der Prostitution. Besonders beliebt waren die Maskenbälle während der Karnevalszeit. Im März 1843 wurde das Gebäude durch einen Brand zerstört. Es wurde nicht wieder aufgebaut. (Adolf Streckfuß: 500 Jahre Berliner Geschichte. Vom Fischerdorf zur Weltstadt. Geschichte und Sage. 2. Aufl. Berlin: Brigl ca. 1879, S. 859 f.)

2 Rudolf Gernlein, Gitarrist und Komponist beliebter Lieder und Tänze.