Tagebuch 1830 bis 1831 - Seite 120

 

 


 

    Sonnabend den 5ten März

Ich stand vor 7 ½ Uhr auf und zeichnete
Figuren zur Algebra Stunde.

    In Französischen habe wir Extemporale
geschrieben.

In Algebra ist schriftlich Examen gewesen.

Bemerkung. Den 25 Februar ist Ludwig
Erasmus
Baron Surret de Chokér1
zum König Regenten von Belgien durch den Präsi=
denten de Gerlache2 ernant worden;3
–––
Bei Warschau fallen täglich Gefechte
vor – den Feldhern Chlopiky4 sind in
der letzten Schlacht 3 Pferde unter sich erschossen
worden. Dem Anführer der Kavallerie
Graf v Zimirsky5 ist in der Schlacht bei
Grochow durch eine Kanonen Kugel
ein Arm genommen, worauf er in den Hän=
den seiner Familie seinen Geist aufgegeben hat.

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Nachmittag machte ich Geschichte. Borchman
kam als ich aus der botanischen Stunde kam zu mir. Um
4 Uhr wollte ich Borchm u Koch abholen
um spatziren zu gehen, aber vorher ging ich noch
von Merkers nach der Petrischen Leihbibliothek.
Als ich vom Spatzirgange zurük kam, machte ich
Geschichte. Vorher ehe wir spatzi[eren] gingen, machte ich
noch Chemi.

Wir waren aus dem Potsdammer Thor


1 Erasme Louis Surlet de Chokier (1769 –1839).

2 Étienne Constantin de Gerlache (1785 – 1871).

3 Am Rand: Im Ende Juli
und Anfang August
wurde Roÿ Leopold
zum König der Belgier
ernannt.

4 Józef Chłopicki (1771-1854).

5 Franciszek Żymirski (5. Okt. 1779 in Krakau, gest. 25. Feb. 1831), polnischer Feldherr, Oberbefehlshaber der 2. Infanteriedivision, mit Virtuti Militari (der höchsten polnischen Militärauszeichnung, vergleichbar mit dem preußischen Pour le Mérite) ausgezeichnet. Teilnehmer des Kościuszko-Aufstandes von 1794. Ab 1797 in den sogenannten Polnischen Legionen in Italien (an Napoleons Seite), kämpfte tapfer, nahm u.v.a. an der Schlacht bei Ulm teil. 1807 nahm u.a. an der Belagerung von Graudenz (Grudziądz) teil, für seine Verdienste im 1807er Feldzug mit der besagten Virtuti Militari ausgezeichnet. Ab 1811 Oberst, Brigadegeneral ab 1817, ab 1830 Divisionsgeneral (= Generalmajor). In der Schlacht bei Olszynka Grochowska befehligte die 2. Infanteriedivision, im Laufe des mörderischen Gefechts (seine Division hat den Hauptvorstoß der russischen Truppen gebremst) wurde tödlich verwundet, eine Kanonenkugel hat ihm seinen Arm weggerissen.