Tagebuch Ferdinand Möhring - Band 6, Ostern 1833 – 7. Juli 1834
Der Band ist physisch ähnlich beschaffen wie die anderen Bände von Möhrings Tagebuch. Er wurde später von anderer Hand mit Bleistift foliiert (2, 132 Bl.), eine eigene Seiten- oder Blattzählung hat Möhring nicht vorgenommen. Den Packpapier-Schutzumschlag hat er analog zu den anderen Bänden mit Tinte beschriftet: „M. V. 1833 – 1834“. Außerdem findet sich auf dem vorderen Umschlag auffällig wiederholt die 4 sowie kalligraphische Proben mit den Initialen M und V mit derselben Tinte sowie Notizen (Zahlenkolumnen) und Kritzeleien mit Bleistift.
Ostern 1833 verließ Möhring die Klödensche Gewerbeschule, nachdem er die Prima erfolgreich absolviert hatte. Diesen neuen, nunmehr sechsten Band seines Tagebuchs ließ er zunächst bei seinen ehemaligen Mitschülern kursieren, um deren Eintragungen darin zu sammeln wie in einem Album amicorum, nahm den Band nach einigen Wochen jedoch wieder an sich und setzte seine diaristischen Eintragungen in gewohnter Weise fort, was offenbar ein vorrangiges Bedürfnis für ihn war. Zunächst trug er am 23. Mai 1833 die Geschehnisse der jüngst vergangenen Wochen nach. Der Bericht setzt, vermutlich unmittelbar anknüpfend an das Ende des verschollenen vorangegangenen Bandes 5, mit der Erwähnung der öffentlichen Prüfung am 3. April 1833 ein. Die Ostertage werden kurz referiert, die Geburt des Neffen Carl Friedrich Winicke am 10. April 1833, der Beginn der Zimmermannslehre am 15. April. Die folgenden Eintragungen umfassen den Zeitraum bis zum 7. Juli 1834.
Der Beginn seiner Lehre stellt Möhring noch eindringlicher vor die Fragen nach seiner beruflichen Zukunft. Die Auseinandersetzung mit der Berufswahl, die seine Eltern für ihn getroffen haben, ist von Selbstzweifeln geprägt. Möhring versucht, seinen Start in das Musikstudium durch Klavierstunden zu finanzieren, was sich als schwierig erweist. Schließlich schafft er es, seinen Vater umzustimmen. Er wechselt zur Musik und beginnt seine Ausbildung am Königlichen Institut für Kirchenmusik.
Auch während seiner Lehrzeit als Zimmermann besucht Möhring alle Konzerte und Opern, zu denen er Zutritt erlangen kann. Es ist erstaunlich, was er mit seinem kleinen Etat alles bestreitet. Oft erhält er Freikarten. Einmal teilt er sich ein Billet mit einem Bekannten. Er hört die Brüder Eichhorn, die russischen Hornisten, die Pianistin Robena Ann Leidlaw, die Sängerin Wilhelmine Schröder-Devrient, die ein längeres Gastspiel in Berlin gibt, die Gebrüder Ganz. Der 15jährige Klaviervirtuose Theodor Stein improvisiert über ein von Möhring notiertes Thema (12. Mai 1834). Pauline Schätzel lässt sich nach ihrer Verheiratung mit Rudolf von Decker nach längerer Pause wieder hören, ja Möhring muss in ihrem Garten unerkannt eine Zimmermannsarbeit verrichten, was den Zimmermannslehrling emotional zerreißt. Möhring arbeitet an eigenen Kompositionen, das Presseecho auf erste Veröffentlichungen registriert er mit Stolz.
Die Auflistung der Opern-, Konzert- und Theaterbesuche wird am Ende in gewohnter Weise fortgesetzt. Sehr ausführlich bespricht Möhring seine Konzert- und Theatererlebnisse. Er registriert das gesellschaftliche Leben und die besonderen Ereignisse in Berlin, etwa die Hinrichtung des Raubmörders Johann Joachim Hobus am 5. Juli 1833. Er verlässt sein Zimmer in der Hausvogteistraße 5, wo er seit dem Beginn seiner Ausbildung in Berlin als Untermieter bei der Familie des Polizeirats Johann Friedrich Carl Merker (1775-1842) wohnte, und gründet in der Luisenstraße 42 mit Freunden eine WG. Er besucht das vom Gastwirt Carl Tobias Krüger betriebene Colosseum und das Elysium.
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