Tagebuch Ferdinand Möhring - Band 8, 1835 bis 1838
Der letzte überlieferte Band der Tagebücher Möhrings umfasst den Zeitraum von drei Jahren. Aber die Eintragungen sind nicht mehr so regelmäßig wie früher, sondern sporadischer, kürzer und oft mit großer Flüchtigkeit und Eile vorgenommen. Die Handschrift wird fahrig, Möhring kürzt viel ab und schreibt Wörter nicht mehr richtig aus. Er fragt sich selbst wiederholt, weshalb ihm die Geduld zu den regelmäßigen ausführlichen Berichten und Selbstgesprächen fehlt und er es nicht mehr schafft, die zahllosen Erlebnisse, musikalischen Eindrücke und Theaterbesuche wie früher aufzuzeichnen. Nur während einer Reise ins Riesengebirge, nach Prag und Dresden nimmt das Tagebuch noch einmal den ausführlich beschreibenden Charakter an. Geldnöte zwingen Möhring, seine Ausgaben wieder zu kontrollieren. Die Ausbildung fordert seine Kräfte. Er arbeitet an zahllosen Kompositionsaufträgen verschiedenster Art. Seine ersten Werke werden aufgeführt. Er wirkt in verschiedenen Rollen an Konzerten mit, als Pianist und Cellist, als Dirigent, als Komponist. Die Sehnsucht nach der Vaterstadt Alt-Ruppin spielt nur noch in der Erinnerung eine Rolle. Das Verhältnis zu den Eltern bleibt von Ermahnungen und Selbstvorwürfen geprägt. Einen großen Raum in Möhrings emotionalem Haushalt nehmen die Freundschaften zu Carl Eckert und Diethardt Wilhelm Gleim ein. Das Albumblatt, das Gleim dem Freund beim Abschied dezidiert, liegt dem Band lose bei, ursprünglich vorgesehen war dafür die S. 108. Die Beziehung zu Eckert erweist sich als unzuverlässig und instabil. Die Schwelle von der Ausbildung zum Berufsleben wird begleitet durch Selbstzweifel, Hoffnungen und Sehnsüchte. Möhring ist hin und her gerissen zwischen dem Eingeständnis, kein Originalgenie zu sein, und den Ermutigungen durch den Applaus des Publikums, das Lob seiner Lehrer und besonders durch Felix Mendelssohn-Bartholdy. Aussichten auf eine Anstellung in Warschau zerschlagen sich. Am Ende bricht Möhring in einem verzweifelten Ausruf aus: „O Welt!!!“. Wie man die folgende Zeile lesen soll, ob dort „Gott!“ steht oder einfach eine rasch hingeschriebene Zahl weiterer Ausrufezeichen, bleibt unsicher. Der letzte Eintrag stammt vom 16. August 1838. Später folgt nur noch die Notiz: „Am Donnerstag 29 Novbr. ist mein Sym[p]honie in Leipsig unter Mendelssohns Direction“. Damit schließt der letzte Band von Möhrings Tagebüchern. Ob er später weitere Aufzeichnungen gemacht hat, ist nicht bekannt.
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